Mit Beschluss vom 4. März 2025 hat der Bundesgerichtshof (BGH) ein Urteil des Landgerichts Koblenz vom 22. Juli 2024 teilweise aufgehoben. In dem Verfahren (Az. 3 StR 551/24) waren zwei Angeklagte unter anderem wegen versuchten besonders schweren Raubes in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung verurteilt worden. Der BGH beanstandete jedoch die rechtliche Würdigung des „versuchten“ Raubes im sogenannten Fall 3 und verwies die Sache zur neuen Verhandlung an eine andere Strafkammer zurück.
Die Angeklagten hatten laut Feststellungen des Landgerichts gemeinsam geplant, mit fingierten Autoverkaufsanzeigen auf „mobile.de“ Opfer zu ködern. Unter Nutzung von Aliaspersonalien und einem angeblich defekten BMW für 15.000 Euro lockten sie einen Interessenten zu einem abgelegenen Treffpunkt. Dort wollten sie dem Opfer unter Gewaltanwendung – u.a. mit Pfefferspray – das mitgebrachte Geld entreißen. Doch es kam anders: Zwei Männer erschienen ohne Anhänger, was Misstrauen bei den Tätern auslöste. Unklar, ob Geld mitgeführt wurde und angesichts der doppelten Gegenseite, brachen die Angeklagten ihren Plan ab und entfernten sich vom Ort.
Das Landgericht verurteilte dennoch wegen versuchten besonders schweren Raubes und nahm dabei eine erhebliche Tatnähe an. Eine Strafrahmenmilderung nach § 23 Abs. 2 StGB wurde abgelehnt – mit Verweis auf die „enorme Nähe zur Tatvollendung“. Einzelstrafen von über fünf Jahren wurden verhängt, bei einem Angeklagten kam eine Verurteilung wegen Verabredung zum Raub hinzu. Beide Angeklagte legten Revision ein.
Der BGH hat diesen rechtlichen Ansatz nun deutlich korrigiert. Er stellte klar, dass für die Annahme eines strafbaren Versuchs nach § 22 StGB mehr erforderlich ist als bloße Vorbereitungshandlungen. Es müsse feststehen, dass der Täter nach seiner Vorstellung zur unmittelbaren Tatbestandsverwirklichung angesetzt habe – sprich: die Schwelle zum „jetzt geht’s los“ überschritten habe. Dabei sei entscheidend, dass die geplante Gewaltanwendung in räumlicher und zeitlicher Nähe unmittelbar bevorstand und das geschützte Rechtsgut konkret gefährdet war.
Diese Voraussetzungen waren nach Ansicht des BGH nicht erfüllt. Die Urteilsgründe des Landgerichts Koblenz ließen offen, ob die potenziellen Opfer überhaupt schon aus dem Auto ausgestiegen waren oder ob sie sich noch in sicherer Entfernung befanden. Auch subjektiv sei nicht belegt, dass einer der Angeklagten tatsächlich zum Angriff übergehen wollte. Der durchgehende Telefonkontakt zwischen den Tätern, ihre spontane Risikoabwägung sowie die unklare Identität der Opfer sprächen gegen ein bereits voll aktiviertes Tatentschlussstadium.
Ein besonderes Gewicht misst der BGH der Tatsache bei, dass die Angeklagten ihren Tatplan bereits verworfen hatten, bevor überhaupt ein Kontakt zum Opfer zustande kam. Die nachträgliche Ansprache durch einen der Männer sei somit kein Indiz für ein bereits begonnenes Ausführungsgeschehen. Die Argumentation des Landgerichts, es habe keine weiteren Zwischenschritte mehr gegeben, verkenne diesen zentralen Punkt.
Da somit keine tragfähigen Feststellungen zum Versuchsbeginn vorlagen, wurde die Verurteilung in Fall 3 sowie die darauf beruhenden Gesamtstrafen aufgehoben. Die übrigen Schuldsprüche blieben unberührt. Das neue Tatgericht erhält nun die Gelegenheit, auf Grundlage einer fehlerfreien Würdigung neu zu entscheiden.
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